Montag, 21. Dezember 2015

Geldanlage mit gesundem Menschenverstand - was jetzt zu tun ist

Als langfristig orientierter Anleger und Anhänger des Value Investing, versuche ich, Aktien möglichst günstig zu kaufen, und davon zu profitieren, dass ihr Preis im Laufe der Zeit steigt. Wann eine Aktie günstig ist, ergibt sich aus dem Vergleich des Aktienkurses mit der Bewertung des Eigenkapitals (pro Aktie) eines Unternehmens.

Die Bewertung des Eigenkapitals hängt dabei von zwei Faktoren ab 1) Wie in meinem vorherigen Post beschrieben, von den erwarteten zukünftigen Ergebnissen (Cash flows) und 2) vom Diskontierungssatz, also dem Zinsniveau. Folgende Gleichung stellt den Zusammenhang vereinfacht dar:


Das bedeutet, der Wert des Eigenkapitals wird positiv von hohen erwarteten Ergebnissen und niedrigen bzw. sinkenden Zinssätzen beeinflusst. Umgekehrt gilt dieselbe Relation. Gemäß der Hypothese effizienter Märkte sollten Aktienpreis und Wert des Eigenkapitals immer gleich sein. Gemäß der Realität ist das früher oder später irgendwann auch mal so.

Welche Implikationen liefert diese Theorie also bei dem derzeitigen Kapitalmarktumfeld?

Eigenkapitalbewertungen Unter der Annahme, dass die Unternehmensergebnisse momentan durch die Bank zumindest gut sind und dass das auch so bleibt, hat das Zinsniveau den größten Einfluss auf die Bewertungen. Und das Zinsniveau ist, nun ja, zu sagen im Keller, ist noch geprahlt. Gemäß dieser Konstellation können die Eigenkapitalbewertungen in der Konsequenz guten Gewissens als hoch bezeichnet werden.

Aktienkurse Aufgrund der extrem expansiven Geldpolitik der Notenbanken in den letzten Jahren sind die Kapitalmärkte mit Liquidität überversorgt und Anleiherenditen tendieren gegen null. In der Folge ist auch viel Kapital in die Aktienmärkte geflossen, so dass die Aktienkurse die hohen Eigenkapitalbewertungen noch übertreffen.

Diese Kombination lässt gemäß der hier geführten Argumentation nur einen Schluss zu:

Es ist Zeit, Aktien zu verkaufen!

Zumindest sei all denen gesagt, die jetzt einsteigen wollen: "Tut es nicht!" Das führt nur wieder dazu, dass sich die Kleinanleger erneut die Finger verbrennen und die ohnehin kaum vorhandene Aktienkultur in Deutschland sich nicht weiterentwickelt. Ist doch schade, wenn diejenigen, die zu der starken hiesigen Wirtschaft wesentlich beitragen, die Arbeitnehmer, nicht von ihr profitieren.

Die Massenmedien helfen dabei auch nicht gerade, wenn sie unisono schreiben, dass derzeit bei der Geldanlage kein Weg an Aktien vorbeiführt (Übrigens auch ein guter Indikator dafür, dass der Höhepunkt eines Bullenmarktes erreicht ist).

Und wie geht es weiter?

Die Unternehmensergebnisse nehmen wir ja als konstant an. Wo wird sich also das Zinsniveau hinentwickeln? Von null aus? Zufällig war in der vergangenen Woche ja die Zinsentscheidung der amerikanischen Notenbank FED, die die Erhöhung der Leitzinsen auf eine Bandbreite zwischen 0,25% und 0,5% ergab. Das heißt der Anfang bei der Zinswende ist gemacht, was die Eigenkapitalbewertungen und für die Anhänger der Hypothese effizienter Märkte, die Aktienkurse, zum Sinken bringen wird. Dass die Aktienkurse im Nachgang stiegen, braucht einen nicht weiter zu irritieren, sowas kommt kurzfristig schon mal vor.

Kombinieren wir diese Entwicklung gedanklich mal mit fallenden Unternehmensergebnissen. Die Prognose für die Aktienkurse überlasse ich jedem selbst.

Und für uns Europäer?

Durch die steigenden Zinsen in den USA wertet der Euro gegenüber dem Dollar ab, d. h. Waren und Dienstleistungen aus der Eurozone werden in Dollar günstiger. Das gilt auch für Investitionen in der Eurozone. Das dürfte die Inflation in Euroland anziehen lassen, so dass die EZB mit einem time lag dann auch wieder zu einer restriktiveren Geldpolitik übergehen sollte. Man könnte die jüngst unter den Erwartungen gebliebene Verlängerung des Anleiheankaufprogramms der EZB als eine Indikation für eine solche Entwicklung interpretieren.

Zum Schluss noch eine unschöne Folgerung für den langfristigen Ausblick für Aktien: Bis sich die Geldpolitik normalisiert hat, ist es nicht besonders aussichtsreich, in Aktien zu investieren.
Bedenkt man wieviel Liquidität im Markt ist, kann das mehrere Jahre dauern. Auch wenn das jetzt keiner hören will und es auch nicht nach Werbung für die Aktienkultur klingt.

Letztlich bleibt es ja jedem selbst überlassen, wie er handelt, das möchte ich hiermit unter Verweis auf den Disclaimer auch nochmal explizit erwähnen.

Die Frage "Wohin mit dem Geld?", beantworte ich für mich mit Tagesgeld. Das ist natürlich nicht sonderlich ertragreich, aber zumindest erspart es Kursverluste. Und denjenigen, die nach der Inflation fragen, entgegne ich: "Welche Inflation?"

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Grundsätzliche Überlegungen zu Strategie und Geldanlage


Bei der Geldanlage in Aktien bin ich Anhänger der Fundamentalanalyse.

Für mich geht es bei der Geldanlage in Aktien darum, gute Unternehmen zu finden und deren Aktien zu einem günstigen Preis zu erwerben. Dazu muss man natürlich zunächst definieren, was ein gutes Unternehmen ist. Ich definiere das als ein Unternehmen, das eine gute Rendite erzielt, also Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Das ist jetzt zwar ein ziemlich harter Einstieg in dieses Blog, dennoch folgt hier ein kurzer Exkurs in die Investitionsrechnung:

Hat man ein solches Unternehmen gefunden, muss man den Wert seines Eigenkapitals bestimmen, um diesen mit der Marktkapitalisierung (dem Marktpreis des Eigenkapitlas) zu vergleichen und somit bestimmen zu können, ob der aktuelle Aktienkurs einen günstigen Preis darstellt.

Zur Ermittlung des Wertes des Eigenkapitals schaue ich mir die Gewinne an. Für diese Bewertung sind die zukünftigen Gewinne (genau genommen die zukünftigen Cash flows) relevant. Worauf ich hinaus will ist, dass die in der Zukunft erwarteten Ergebnisse für die Berechnung verwendet werden (Exkurs Ende). Da diese jedoch lediglich Erwartungen darstellen, stellt sich die Frage, wie das betrachtete Unternehmen diese Erwartungen erfüllen will, bzw. wodurch diese Erwartungen entstehen. Es ist die Frage nach der Ausrichtung des Unternehmens auf die Zukunft, was nichts anderes ist, als die Unternehmensstrategie.

Betrachtet man also diesen Zusammenhang wird klar, warum es wichtig ist, sich näher mit der Strategie eines Unternehmens zu beschäftigen, wenn man in dieses investieren will. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass die Strategie über die Bewertung des Eigenkapitals indirekt ja bereits bewertet wird, und eine gesonderte Betrachtung somit überflüssig ist. Das Argument stimmt insofern, dass die Strategie durch die monetäre Bewertung beurteilt wird. Überflüssig macht das eine Analyse der Strategie jedoch nicht. Im Gegenteil, prüft man erst die Strategie auf Herz und Nieren, gewinnt man dadurch wertvolle Informationen,mit denen man die Qualität seiner Erwartungen bzgl. der zukünftigen Ergebnisse verbessern kann. Das wiederum hat einen Einfluss auf die Bewertung des Eigenkapitals und somit auf die Investment-Entscheidung.

Betrachtet man es aus dieser Perspektive, ist es erstaunlich, wie wenig Beachtung der expliziten Bewertung von Unternehmensstrategien geschenkt wird. Belastbare Ressourcen habe ich zumindest nicht gefunden.

Was ich meine ist, dass der Output eines Rechenmodells zur Unternehmensbewertung nicht besser sein kann, als der Input. Spielt man in ein DCF-Modell unrealistische Zahlen ein, kommt
auch kein sinnvoller Wert für das Eigenkapital heraus. Ein Beispiel:

Nehmen wir den Weltmarktführer für Fahrzeug-Waschanlagen, den Sezialmaschinenbauer WashTec aus Augsburg und versetzen uns in das Jahr 2006 zurück. Damals (wie heute) war das Unternehmen mit großem Abstand Marktführer in Mittel- und Nordeuropa und beschloss daraufhin, seine Internationalisierung voranzutreiben.

Die Investment-Story mit der Aquisition der Nummer 2 in den USA, nach Europa der zweitgrößten Markt für Fahrzeugwäsche, in diesen attraktiven Markt einzutreten, hörte sich super an. Die Transformation der "Strategie" dort ebenfalls die Marktführerschaft zu erringen in ein DCF-Modell konnte einen leicht einen hohen Wert des Eigenkapitals rechtfertigen lassen. Verglichen mit dem Aktienkurs Ende des Jahres 2005 (knapp 9 EUR) hat das sicherlich auch eine vermeintliche Unterbewertung der Aktie bedeutet. Der Kurs stieg in der Folge auch auf 16,50 EUR Ende Q1 2006.

Dumm nur, dass aus der Marktführerschaft in den USA so schnell nichts wurde. Bis heute hat WashTec gerade mal etwa 10% Marktanteil. Auch die anderen Internationalisierungsaktivitäten trugen genau betrachtet kaum Früchte. Schaut man auf die Gewinne des Unternehmens sieht man, dass diese fast ausschließlich aus Kerneuropa kommen. Der Aktienkurs war zwischenzeitlich auf um die 5 EUR gesunken. Das war zwar Anfang 2009, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, allerdings war zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich auch etwas weniger Luft in den Bewertungsmodellen.

Ich will WashTec hier gar nicht schlecht machen, ganz im Gegenteil, das Unternehmen ist immerhin Weltmarktführer auf seinem Gebiet. Nur was die Strategie betrifft, hat es noch Verbesserungspotential. Außerdem finde ich,  eignet sich die Fallstudie ganz gut, um den Zusammenhang zwischen Strategie, Bewertungsmodellen und Aktienkurs darzustellen und insbesondere um zu illustrieren, wie eine sorgfältige Analyse der Strategie eine damalige Investment-Entscheidung hätte verbessern können.

Randnotiz: Derzeit steht der Kurs bei über 20 EUR und seit diesem Jahr gibt es einen neuen Vorstand. Man darf also gespannt sein, wie es mit der Internationalisierung weitergeht...